Widerspruch lohnt sich: Verfahren wegen Theodor-Heuss-Ring Blockade eingestellt

Am 26. April 2019 zogen über 2000 Demonstrant_innen unter dem Motto „Verkehrswende statt Rush Hour“ über den Theodor-Heuss-Ring, einer der Hauptverkehrsstraßen Kiels. Etwa 60-70 Aktivist_innen blieben auf der ansonsten vielbefahrenen Straße sitzen und legten so weitere Stunden vehementen Protest gegen stinkende Autos, Luftverschmutzung und menschengemachten Klimawandel ein. Die Stadt verschickte daraufhin Bußgeldbescheide, gegen die von den meisten Betroffenen Widerspruch eingelegt wurden. So hätte es ab diesem Frühjahr dutzende Prozesse geben müssen. Die Verfahren wurden jetzt jedoch erfreulicherweise eingestellt: „Wie es tatsächlich abgelaufen ist, hätten in bis zu 60 Verfahren vor dem Kieler Amtsgericht jeweils eigene Beweisaufnahmen klären müssen – unverhältnismäßig hoher Aufwand angesichts der geringen Strafen, bewertete letztlich auch die Staatsanwaltschaft.“ (KN-Online, 13.5.2020).

Wir freuen uns über diesen Erfolg! Er zeigt einmal mehr, dass eine kollektive Prozessführung und Absprachen über ein gemeinsames Vorgehen bei Massenanklagen sehr sinnvoll sind.

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Prozessbericht und Statement zu Totos Verurteilung und Solidaritätskundgebung am 16.04.2020

Am 16.04.2020 fand vor dem Hamburger Landgericht die Berufungsverhandlung gegen Toto aus Kiel statt. Toto wurde am 06.09.2019 vom Amtsgericht Hamburg zu einer Haftstrafe von einem Jahr und vier Monaten ohne Bewährung verurteilt. Er wurde am Rande einer Spontandemo im Nachklang der von der Polizei gewaltsam zerschlagenen „Welcome To Hell“-Demo am 06.07.2017 während den Protesten gegen den G20-Gipfel in Hamburg festgenommen. Er soll für einen Flaschenwurf verantwortlich sein. Zudem wurde ihm Widerstand, tätlicher Angriff und versuchte gefährliche Körperverletzung vorgeworfen. Gegen das Urteil legten sowohl die Verteidigung als auch die Staatsanwaltschaft Berufung ein. Sie wollte noch ein härteres Urteil erwirken.

Der Berufungsprozess fand nun trotz des Coronavirus-Lockdowns statt. Inmitten von Zeiten, in denen Behörden größtenteils geschlossen sind, das öffentliche Leben lahmgelegt, staatlich verordnete Kontaktverbote zwischen Menschen bestehen und die Hamburger Polizei jegliche politische Versammlung, teilweise gewaltsam, verhindert.

Kundgebung

Da im Voraus bereits bekannt und erwartbar war, dass aufgrund der Corona-Situation nur sehr wenige Unterstützer*innen den Prozess direkt im Saal verfolgen können, wurde eine Kundgebung angemeldet, um Toto auch vor dem Gericht zu unterstützen, Öffentlichkeit herzustellen und einen Anlaufpunkt für Menschen zu gewährleisten, die nicht am Prozess teilnehmen können.

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Beratung findet weiterhin statt!

Liebe Leute,

wir nehmen die Corona-Virus-Pandemie ernst und unterlassen natürlich ebenfalls bis auf weiteres jede öffentliche Veranstaltung und Treffen. Da aber die Gerichte und Staatsanwaltschaften leider bisher nicht auf die Idee gekommen sind, zum Schutz aller Betroffenen ihre Arbeit einzustellen, haben wir beschlossen, unsere Beratung in einem vertretbaren Maße fortzuführen.

Wer also einen Strafbefehl, Anklage oder sonstige Post von den Repressionsorganen bekommen hat, wer Hilfe oder einen Rat braucht oder einen Unterstützungsantrag bei der Roten Hilfe stellen möchte, der/dem stehen wir auch weiterhin solidarisch zur Seite.

Wir führen im gewohnten Rythmus unsere Beratung in einer der aktuellen Situation angepassten Form durch. Wir stehen Euch auch weiterhin solidarisch zur Seite! Ihr könnt uns darüber hinaus auch per E-Mail unter kiel@rote-hilfe.de kontaktieren.

Solidarische Grüße – passt aufeinander auf!

18.3.2020 – Tag der politischen Gefangenen! Jetzt erst recht!

Seit vielen Jahren gibt es bundesweit zahlreiche Aktionen zum 18. März, dem Tag der politischen Gefangenen. Viele Ortsgruppen der Roten Hilfe und befreundete Gruppen organisieren Vorträge, Filmabende, Kundgebungen, Demonstrationen und Solipartys.

Zwar werden/wurden wegen der Coronavirus-Pandemie zurecht alle öffentlichen Veranstaltungen abgesagt, aber das sollte uns nicht daran hindern, trotzdem solidarisch und unterstützend zu wirken. Gerade jetzt werden wahrscheinlich wegen des Virus auch Besuche in den Gefängnissen erschwert werden und Kontakte zwischen den Gefangenen minimiert. In Hamburg gibt es bereits ein Besuchsverbot. Das führt zu einer noch schwereren Isolation und Zeit für unsere Genoss*innen hinter den Mauern. Die Gefangenen-Gewerkschaft (GG/BO) fordert deshalb jetzt die sofortige Entlassung von Gefangenen.

Und da die öffentlichen Veranstaltungen zum Tag der politischen Gefangenen jetzt ausfallen, sollten wir die Zeit nutzen, um so mehr Briefe an unsere Genoss*innen und Freund*innen in den Knästen zu schreiben. Sie haben es nötiger denn je!

Eine Liste von Adressen gibt es natürlich in der kostenlosen Massenzeitung der Roten Hilfe e.V. zum 18.3., die in fünf Zeitungen beiliegt sowie in großen Mengen verteilt und in linken Locations ausgelegt wird. Der Schwerpunkt liegt in diesem Jahr auf Knastkämpfen und der Vernetzung hinter Gittern. Weitere Artikel widmen sich der Situation von politischen Gefangenen hierzulande und international.

Außerdem gibt es – ebenfalls gratis – Plakate und Aufkleber zum Tag der politischen Gefangenen. Wenn ihr Material haben möchtet, um es bei euch vor Ort zu verbreiten, schreibt die Bestellmengen und eine paketfähige Lieferadresse an 18maerz[at]rote-hilfe.de

Beleidigung oder Terrorismus? Amtsgericht Kiel verhandelte gegen Kreuzfahrt-Gegnerin

Wir dokumentieren einen Prozessbericht der Turbo Klimakampf Gruppe (TKKG):

Am 11.3. lief am Amtsgericht Kiel ein Verfahren gegen eine Umweltaktivistin. Der Termin endete mit einer Vertagung auf den 20.3. – dieser neue Termin wurde vom Gericht jetzt wieder aufgehoben, findet also nicht statt. Wenn es doch noch irgendwann weiter geht, geben wir den neuen Termin bekannt.

Wer am 11.3. vor dem Gericht ankam, musste sich erst mal fragen, ob es wirklich nur um einen Beleidigungs-Vorwurf ging oder ob nicht doch „Terrorist*innen“ angeklagt wären. Wir zählten 12 Wannen mit Cops vor dem Seiten-Eingang, der speziell für diesen Prozess genutzt werden musste, die Sondereinheit der Justiz „Mobile Einsatzgruppe Justiz“ (MEG) war ebenfalls vor Ort, kontrollierte, tatschte ab und schikanierte solidarische Zuschauer*innen. Sogar Zettel und Stifte und damit Zeichenmaterial wurden auf Grund der Willkür der MEG verboten (ohne Grundlage in der gerichtlichen Einlassverfügung). Gezeichnet wurde dann auf alten Zugtickets und Einkaufsbons (Zeichnungen von Dada).

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Hausdurchsuchungen wegen Hausbesetzung gegen drei Genoss_innen in Kiel

+++ Demo in Solidarität mit den Betroffenen um 18 Uhr am Asmus-Bremer-Platz +++

Heute (Mittwoch, 27.02.2020) gegen 6 Uhr morgens fanden bei drei Genoss_innen in Kiel zeitgleich Hausdurchsuchungen statt. Ihnen wird jeweils Hausfriedensbruch und Sachbeschädigung im Rahmen einer Hausbesetzung in Kiel-Friedrichsort vorgeworfen. Dort wurde im Januar für eine Woche ein Villa besetzt, um auf die Missstände in der Wohnungspolitik und insbesondere die Rolle des Wohnungskonzerns Vonovia hierbei aufmerksam zu machen. Die Genoss_innen wurden alle mit auf die Polizeiwache in der Blumenstraße genommen, wo sie – zum Teil unter Zwang – erkennungsdienstlich behandelt wurden, was bedeutet, dass ihnen unter anderem Fingerabdrücke abgenommen wurden. Alle drei sind jedoch mittlerweile wieder draußen und es geht ihnen den Umständen entsprechend gut. Bei den Durchsuchungen wurden verschiedene Gegenstände, darunter die Laptops und Handys der Betroffenen, beschlagnahmt.

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#freetoto: Aktueller Stand und Spendenkonto

Zum Prozess gegen Toto gibt es einen aktuellen Artikel in der taz. Außerdem haben wir ein neues Ortsgruppenkonto und haben gleich ein Stichwort für Toto angelegt, auf das ihr für Prozesskosten und Soli-Arbeit spenden könnt:

Rote Hilfe Kiel
Verwendungszweck: „Free Toto“
DE92 4306 0967 4007 2383 30
GLS Gemeinschaftsbank eG

Hier noch ein aktuelles Statement der Soli-Gruppe:

„Das schriftliche Urteil wurde am 17.12.2019 zugestellt, mehr als drei Monate (!) nach der Verhandlung gegen unseren Genossen. Die Staatsanwaltschaft hat bereits Berufung eingelegt. Somit stellt sich leider die Frage nach einem Revisionsgrund nicht mehr. Bald werden wir erfahren, vor welche Berufungskammer es gehen wird.

Gerade jetzt wo der Prozess in die nächste Runde geht ist es wichtig dran zu bleiben und breite Solidarität für Toto zu organisieren!

Falls ihr also ein paar Euro über habt und uns und Toto helfen wollt, könnt ihr gerne auf das Konto der Roten Hilfe Kiel spenden. Alle Spenden mit dem Verwendungszweck “Free Toto” werden für Anwalts- und Prozesskosten verwendet.

Gemeinsam in ein kämpferisches und solidarisches Jahr 2020!“

Kritik an geplanter Polizeirechtsverschärfung – freiheitsfoo übergibt kritische Stellungnahme an den Innenausschuss

Wir dokumentieren eine Pressemitteilung von freiheitsfoo.de zum geplanten neuen Polizeirecht in Schleswig-Holstein

Anfang November 2019 stellte die Koalition in Schleswig-Holstein einen Entwurf mit umfangreicheren Änderungen zum Polizeirecht im Landesverwaltungsgesetz vor. Betont worden war vor allem von den Grünen und der FDP die Bürgerrechtsfreundlichkeit des Entwurfs. freiheitsfoo hat den Gesetzesentwurf jetzt in einer Stellungnahme detailliert untersucht und stellt kritisch fest:

Zahlreiche Grund- und Menschenrechte werden durch neue polizeiliche Befugnisse weiter eingeschränkt, bürgerrechtsfreundlich ist der Entwurf nicht.

Nachdem wir bereits vor einiger Zeit eine Synpopse, also eine übersichtliche Gegenüberstellung der geplanten Gesetzesänderungen veröffentlicht haben entstand aus der genauen Untersuchung des Gesetzentwurfs eine 36 Seiten lange Dokumentation der Polizeirechts-Reform mitsamt ausführlicher Kritik und Stellungnahme. Das freiheitsfoo hat dieses Dokument dem Innen- und Rechtsausschuss des schleswig-holsteinischen Landtags aushändigen lassen – so kann es den Parlamentariern und der Öffentlichkeit als kritisches Handbuch aus den Reihen der Zivilgesellschaft zur Hand sein und den weiteren Gesetzgebungsprozess begleiten.

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Abschreiben und abstempeln

Warum eine schlechte Studie über die Rote Hilfe dennoch sehr lesenswert ist.

Wir dokumentieren einen Text von Markus Mohr, veröffentlicht am 16.11.19 im neuen deutschland

Im Januar 2019 promovierte die Fakultät für Wirtschaftswissenschaften (!) der TU Chemnitz Robin Feber für eine Schrift zur Roten Hilfe zum »doctor rerum politicarum«. Betreut wurde die Arbeit von Ludwig Gramlich, einem Professor für Öffentliches Recht und Wirtschaftsrecht, der bislang weder als Historiker noch Politologe hervorgetreten ist. Der unorthodoxe Mikroökonom Prof. Dr. Fritz Helmedag – manchen als Doktorvater Sahra Wagenknechts bekannt – mag einem solchen politologisch-historischen Gegenstand näher stehen, war hier aber nur drittinstanzlich eingebunden. Spiritus Rector der Arbeit, die nach einer Mitteilung von Prof. Gramlich nicht »direkt im Rahmen des Studiums entstanden« oder von ihm »geweckt worden« sei, sondern auf »Überlegungen« von Feber selbst beruhe, ist aber spürbar der Zweitgutachter – nämlich der Politologe Uwe Backes, der an der TU Dresden eine außerplanmäßige Professur für »vergleichende Diktaturforschung« bekleidet und stellvertretender Direktor jenes Institutes für Totalitarismusforschung ist, das Hannah Arendts Namen beansprucht.

Da wundert es nicht, dass die Arbeit ganz im Geist jener dort vertretenen Extremismusdoktrin gehalten ist, die seit jeher dazu neigt, gesellschaftliche Wirklichkeit anhand eines mehr oder minder starren Kriterienkatalogs durchzuchecken: eine Methode, die in der jüngeren Politik- wie Geschichtswissenschaft viel kritisiert worden ist, weil sie in ihrer deduktiven Grundausrichtung die Vielgestaltigkeit von Geschichte planiert und ihr die tautologische Tendenz innewohnt, am Ende bloß die eigenen Prämissen zu beweisen. Erstaunlich – und aus wissenschaftlicher Perspektive interessant – ist die Arbeit daher vor allem, weil sie unfreiwillig drastisch zeigt, auf welchem Niveau in solcher Tradition stehende Texte inzwischen offenbar zuweilen ankommen können: demjenigen nämlich einer raunenden Verdächtigungsliteratur, die kaum ihren eigenen Standards gerecht wird.

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Neues Polizeigesetz in Schleswig-Holstein

In Schleswig-Holstein droht wie in anderen Bundesländern eine massive Verschärfung der Polizeigesetze. Die schwarz-grün-gelbe Landesregierung hat Anfang November einen neuen Entwurf für die Regelung des Polizeirechts der Presse vorgestellt. Darin enthalten sein sollen unter anderem Taser (als Pilotprojekt) und Bodycams für Sicherheitskräfte, Fußfesseln, Meldeauflagen und Aufenthaltsgebote, präventiver Einsatz verdeckter Ermittler, anlasslose Kontrollen in Grenznähe sowie Regelungen zum sog. „finalen Rettungsschuss“.

Presseüberblick:

taz, 17.3.19
KN Online, 27.6.19
NDR, 5.11.1
taz, 6.11.19