Erklärung des Bündnisses für Versammlungsfreiheit Schleswig-Holstein

Die Rote Hilfe OG Kiel unterstützt folgende Erklärung des Bündnisses für Versammlungsfreiheit Schleswig-Holstein:

Wir wollen unser Recht auf Demonstrations- und Versammlungsfreiheit wahrnehmen ohne dabei von der Polizei gefilmt oder fotografiert zu werden!
In dem Entwurf der Koalition der Landesregierung Schleswig-Holstein soll eine Aufnahme von Demos schon zulässig sein, wenn dies wegen der Größe oder Unübersichtlichkeit der Versammlung€ erforderlich ist. Aufzeichnungen von Demos sollen lange gespeichert bleiben dürfen. Überprüfen, ob Aufnahmen von einer Demo aufgezeichnet werden oder ob aufgezeichnete Bilder wieder gelöscht werden, können Demonstrierende ohnehin nicht. Damit werden nach dem Entwurf Menschen vor die Wahl gestellt, sich entweder filmen zu lassen oder auf die Teilnahme an Demos zu verzichten.
Wir lehnen den Entwurf ab, weil er der Polizei noch mehr Befugnisse zur Videoüberwachung von Demos gibt.

Das Recht zur Teilnahme an Demonstrationen und Versammlungen steht allen Menschen zu!
Nach dem Entwurf sollen Behörden Einzelnen präventiv die Teilnahme an einer Demonstration verbieten dürfen, bevor die überhaupt angefangen hat. Die Gefahrenprognose€, auf die ein solches Verbot gestützt wird, könnte etwa auf angeblich drohende Verstöße gegen das Vermummungsverbot gestützt werden €“ die perfekte Gelegenheit für die Polizei, Menschen mit Basecap und Sonnenbrille gar nicht erst bis zum Auftaktort der Demo vorzulassen.
Wir lehnen den Entwurf ab, weil er ein präventives Teilnahmeverbot vorsieht.

Wir wollen demonstrieren ohne behördliche Gängelung!
Nach dem Gesetzesentwurf sollen bereits bei der Anzeige einer Demo u.a. Ort, Zeit, Thema, Streckenverlauf, Leitung (mit Anschrift) und Anzahl der OrdnerInnen angegeben werden €“ wohlgemerkt nicht erst im Kooperationsgespräch€, sondern schon bei der ersten Anzeige. Eine Verletzung kann zu einem Bußgeld von bis zu 500 ‚¬ führen. Zudem sollen bei der Anmeldefrist für Demos zukünftig Wochenenden und Feiertage nicht mitzählen €“ auch dies eine völlig unnötige Verschärfung zu Lasten von AnmelderInnen. Auch soll die Behörde AnmelderInnen als ungeeignet€ ablehnen, unter Umständen sogar die Namen und Adressen aller OrdnerInnen im Voraus abfragen und auch die auf ihre Geeignetheit€ überprüfen können. Auch hier können Verstöße mit einem Bußgeld belegt werden. Woran die Ungeeignetheit€ solcher Personen festgemacht werden soll, ist dabei völlig unklar. Die Vorschrift bietet eine gute Grundlage für behördliche Gängelung unliebsamer AnmelderInnen bzw. Demonstrationen.
Wir lehnen den Entwurf ab, weil er eine sehr weitgehende Reglementierung von Demos und behördliche Gängelung von AnmelderInnen vorsieht.

Wir wollen unser Demonstrationsrecht ausüben ohne Beschränkungen wie sie zum Beispiel durch die Privatisierung des öffentlichen Raumes entstehen!
Immer größere Teile des öffentlichen Raumes€“ Flughäfen, Bahnhöfe, Einkaufspassagen etc. werden privatisiert. Das führt zur Aushöhlung der Demonstrationsfreiheit, wenn deren EigentümerInnen Demonstrationen unter Berufung auf ihr Eigentumsrecht verbieten können. Deswegen müssen Demonstrationen auf allen Flächen zulässig sein, die dem öffentlichen Publikum geöffnet sind€, ganz gleich wer formal Eigentümerin ist. Der Entwurf beschränkt dies aber auf Flächen, die im staatlichen Allein- oder Miteigentum stehen. Die geänderte gesellschaftliche Realität der zunehmenden Privatisierung des öffentlichen Raumes berücksichtigt der Entwurf damit gar nicht.
Wir lehnen den Entwurf ab, weil er der Aushöhlung des Demonstrationsrechts durch Privatisierung öffentlichen Raumes nichts Wirksames entgegenstellt.

Wir fordern die generelle Erkennbarkeit und Kennzeichnungspflicht von PolizeibeamtInnen!
Fälle polizeilicher Gewalt gegen Demonstrierende sind alltäglich. Sehr häufig ist schon die Identifizierung der Beamten unmöglich, weil sie keine Namensschilder oder andere Kennzeichnung tragen. Deswegen wird immer öfter die Forderung nach einer Kennzeichnung von Polizeikräften, gerade auf Demos, laut. Der Entwurf schließt sich dieser Forderung nicht an, sondern streicht im Gegenteil sogar die wenigen Regelungen zur Kenntlichmachung von PolizeibeamtInnen, die das Bundesversammlungsgesetz für Versammlungen in geschlossenen Räumen enthält.
Wir lehnen den Entwurf ab, weil er die zivile und uniformierte Polizei weiterhin durch Anonymität schützt.

Wir wollen spontan und auch ergänzend zu vorherigen und anderen Versammlungen demonstrieren!
Der Entwurf knüpft an das Verbot oder die Auflösung einer Versammlung unmittelbar und ohne Ausnahme das Verbot von Ersatzveranstaltungen. Dieses Verbot ist unabhängig davon, ob die eigentlichen Verbotsgründe noch bestehen oder nicht. Die Reichweite des Verbots ist kaum absehbar und ein Verstoß dennoch mit einem Bußgeld von bis zu 3.000‚¬ bewehrt.
Wir lehnen den Entwurf ab, weil er ein allg. Verbot von Ersatzversammlungen enthält.

Wir wollen demonstrieren und uns versammeln ohne einen Dresscode der Behörden: Über unsere Kleidung oder auch Verkleidung entscheiden wir!
In Zeiten kleinster und preiswertester Aufzeichnungsgeräte in privater und öffentlicher Hand erfordert die Wahrnehmung der Versammlungsfreiheit die Möglichkeit der Anonymisierung, z.B. durch Masken. Der Entwurf enthält kaum definier- oder eingrenzbare Kriterien für das Verbot und ermöglicht so polizeiliche Willkür.
Wir lehnen den Entwurf ab, weil er das sog. Vermummungsverbot weiter uneingeschränkt aufrechterhält.

Wir kämpfen für unser Recht auf Demonstrations- und Versammlungs-freiheit!
Dieses Recht lassen wir uns nicht nehmen und auch nicht beschränken!
Wir demonstrieren wann, wo und wie wir wollen!