Bündnistreffen gegen die Verschärfung des Polizeirechts in SH – 19.12., 19 Uhr, Hansa48, Kiel
Die Landesregierung hat Anfang November ihren neuen Entwurf für die Regelung des Polizeirechts der Presse vorgestellt. Nach einem Blick darauf stellt sich ernsthaft die Frage wie Grüne und FDP behaupten können, sie würden Bürgerrechte wahren. Jede einzelne der Ankündigungen ist eine drastische Einschränkung unserer Freiheiten.
Warum eine schlechte Studie über die Rote Hilfe dennoch sehr lesenswert ist.
Wir dokumentieren einen Text von Markus Mohr, veröffentlicht am 16.11.19 im neuen deutschland
Im Januar 2019 promovierte die Fakultät für Wirtschaftswissenschaften (!) der TU Chemnitz Robin Feber für eine Schrift zur Roten Hilfe zum »doctor rerum politicarum«. Betreut wurde die Arbeit von Ludwig Gramlich, einem Professor für Öffentliches Recht und Wirtschaftsrecht, der bislang weder als Historiker noch Politologe hervorgetreten ist. Der unorthodoxe Mikroökonom Prof. Dr. Fritz Helmedag – manchen als Doktorvater Sahra Wagenknechts bekannt – mag einem solchen politologisch-historischen Gegenstand näher stehen, war hier aber nur drittinstanzlich eingebunden. Spiritus Rector der Arbeit, die nach einer Mitteilung von Prof. Gramlich nicht »direkt im Rahmen des Studiums entstanden« oder von ihm »geweckt worden« sei, sondern auf »Überlegungen« von Feber selbst beruhe, ist aber spürbar der Zweitgutachter – nämlich der Politologe Uwe Backes, der an der TU Dresden eine außerplanmäßige Professur für »vergleichende Diktaturforschung« bekleidet und stellvertretender Direktor jenes Institutes für Totalitarismusforschung ist, das Hannah Arendts Namen beansprucht.
Da wundert es nicht, dass die Arbeit ganz im Geist jener dort vertretenen Extremismusdoktrin gehalten ist, die seit jeher dazu neigt, gesellschaftliche Wirklichkeit anhand eines mehr oder minder starren Kriterienkatalogs durchzuchecken: eine Methode, die in der jüngeren Politik- wie Geschichtswissenschaft viel kritisiert worden ist, weil sie in ihrer deduktiven Grundausrichtung die Vielgestaltigkeit von Geschichte planiert und ihr die tautologische Tendenz innewohnt, am Ende bloß die eigenen Prämissen zu beweisen. Erstaunlich – und aus wissenschaftlicher Perspektive interessant – ist die Arbeit daher vor allem, weil sie unfreiwillig drastisch zeigt, auf welchem Niveau in solcher Tradition stehende Texte inzwischen offenbar zuweilen ankommen können: demjenigen nämlich einer raunenden Verdächtigungsliteratur, die kaum ihren eigenen Standards gerecht wird.
In Schleswig-Holstein droht wie in anderen Bundesländern eine massive Verschärfung der Polizeigesetze. Die schwarz-grün-gelbe Landesregierung hat Anfang November einen neuen Entwurf für die Regelung des Polizeirechts der Presse vorgestellt. Darin enthalten sein sollen unter anderem Taser (als Pilotprojekt) und Bodycams für Sicherheitskräfte, Fußfesseln, Meldeauflagen und Aufenthaltsgebote, präventiver Einsatz verdeckter Ermittler, anlasslose Kontrollen in Grenznähe sowie Regelungen zum sog. „finalen Rettungsschuss“.
In Solidarität mit den 3 von der Parkbank wird es zunächst einen kurzen Überblick über den Fall der drei Gefährt*innen geben, anschließend eine Lesung aus »Wege durch den Knast«
»Wege durch den Knast« ist ein umfassendes Standardwerk für Betroffene, Angehörige und Interessierte. Es vermittelt tiefe Einblicke in die Unbill des Knastalltags, informiert über die Rechte von Inhaftierten und zeigt Möglichkeiten auf, wie diese auch durchgesetzt werden können. Das Buch basiert auf einer Ausgabe aus den 1990er Jahren und wurde von Anwält*innen, Gefangenen, Ex-Gefangenen und Bewegungsaktivist*innen vollständig überarbeitet und aktualisiert.
Der Vortrag umfasst die Motivationen der Herausgeber*innen,
die Entstehungsgeschichte und die Struktur des Buches. Zudem werden
Erfolge und Misserfolge nach 3–4 Jahren Buchverschickung in die
Knäste beleuchtet. Im Anschluss kann gerne diskutiert werden.
Im Rahmen der Veranstaltung in Kiel wird es außerdem noch einen kurzen Info-Block mit aktuellen Infos zu einem Genossen aus Kiel geben, der am 6.9.2019 in Hamburg, in einem typischen G20-Prozess (erstinstanzlich) zu einer Haftstrafe von 1 Jahr und 4 Monaten ohne Bewährung verurteilt worden ist.
Wir dokumentieren einen Text der Soligruppe von Toto:
Am Freitag, den 06.09.2019 wurde unser Genosse Toto nach 9, teils
sehr kurzen Verhandlungstagen zu einer Haftstrafe von einem Jahr und 4
Monaten ohne Bewährung verurteilt. Aber zurück zum Anfang.
Im März 2018 trudelte eine sehr fragwürdige Anklageschrift bei
unserem Genossen ein. Es war die Rede von einem mutmaßlichen
Flaschenwurf, für den er verantwortlich sein soll; zudem wurde ihm
Widerstand, tätlicher Angriff und versuchte schwere Körperverletzung
vorgeworfen. Grund dafür war die Festnahme am Rande einer nächtlichen
Spontandemo im Nachklang der „Welcome to Hell-Demonstration“ am
06.07.2017 im Hamburger Schanzenviertel. Die Bullen griffen die
Versammlung an und zerschlugen sie. Es gab weder eine Ankündigung noch
einen Grund dafür, da die Demo völlig friedlich verlief. In diesem
Durcheinander wurde Toto festgenommen und unter Schmerzgriffen zu Boden
gebracht, obwohl es auch für dieses Vorgehen keinerlei Rechtfertigung
gab. Da die Anklage sich recht schwammig anhörte und es laut dieser
eigentlich keinen richtigen Beweis für die Tat gab, gingen wir erstmal
recht positiv an den Prozess heran. Wir veranstalteten eine
NoG20-Soli-Party, da wir uns natürlich im Klaren waren, dass der Genosse
auf jeden Fall mit Anwaltskosten zu rechnen hat. Diese verlief sehr gut
und wir starteten im Mai 2019 mit viel Rückenwind in den Prozess.
Am 01. Oktober startet die Rote Hilfe e.V. die Kampagne ‚Solidarität
verbindet‘. Das erklärte Ziel ist es, der gesamten Linken, den sozialen
Bewegungen und der interessierten Öffentlichkeit die Ziele des seit über
40 Jahren bestehenden bundesweiten und strömungsübergreifenden Vereins
für alle Linken näher zu bringen.
Die Kernarbeit der Roten Hilfe e.V. besteht in der Unterstützung von Repression betroffener linker Aktivist*innen. Die Vermittlung von solidarischen Anwält*innen sowie politische und finanzielle Unterstützung gehören zur Alltagsarbeit der Roten Hilfe e.V., die sie in über 50 Städten leistet.
Darüber hinaus tritt der Verein gegen Organisationsverbote und
Gesetzesverschärfungen wie die neuen Polizeigesetze oder im Bereich des
Asylrechtes ein. Politische Gefangene, die es entgegen den
Verlautbarungen von Politik und Behörden durchaus auch in der BRD gibt,
erhalten ebenfalls solidarische Unterstützung durch die Rote Hilfe e.V.
Dabei geht es nicht darum, sich Inhalte oder Programmatik von
Organisationen zu eigen zu machen, sondern dafür zu sorgen, dass
Aktivist*innen im Fall von Repression nicht isoliert da stehen oder
durch hohe Strafen ruiniert werden.
Leitgedanke der Vereinsaktivitäten ist die Solidarität unter
Betroffenen und kollektive Gegenwehr im Fall von politischer
Gesinnungsjustiz, die täglich zu beobachten ist.
Hierzu erklärt Anja Sommerfeld, Mitglied im Bundesvorstand der Roten Hilfe e.V.:
Ein Genosse aus Kiel wurde am Freitag, den 6.9.2019, in Hamburg in einem typischen G20-Prozess zu einer Haftstrafe von 1 Jahr und 4 Monaten ohne Bewährung verurteilt – für einen angeblichen Flaschenwurf und Widerstand bei der Festnahme am Abend des 6.7.2017, nach der Zerschlagung der Welcome To Hell-Demo. Juristisch sei das Landfriedensbruch, versuchte Körperverletzung, tätlicher Angriff und Widerstand.
„Heute wurde gegen einen Kieler Genossen ein hartes Urteil in einem G20-Prozess in erster Instanz gefällt. Ihm wird unterstellt, er hätte nach der Zerschlagung der Welcome To Hell Demonstration bei den folgenden Auseinandersetzungen eine Flasche geworfen. Beide belastenden Polizeiaussagen widersprechen sich und das Video widerspricht beiden, aber dem Richter reicht es, jemanden in den Knast zu schicken. Es ist vollkommen unklar, wo diese angebliche Flasche aufgetroffen ist, wo sie hinfliegen sollte oder ob es den Wurf überhaupt gab, dennoch sah der Richter darin eine versuchte Körperverletzung. Die Klassenjustiz arbeitet ganz klar hier nicht irgendwie unabhängig den G20 auf, sondern übt Rache. Es sind schon 900 Anklagen gegen DemonstrantInnen anhängig und nicht ein Verfahren wurde gegen Polizeibeamten wegen G20 geführt. Kampf ihrer Klassenjustiz! „
Die jüngste Welle der (uns bekannten) Anquatschversuche in Schleswig-Holstein reißt nicht ab. Nachdem wir zuletzt Fälle in Neumünster (September 2018) und Lübeck (April und Juni 2019) dokumentieren konnten, sind jetzt zwei weitere Fälle aus Kiel bekannt geworden.
Bereits am vom
14.5.2019 klingelten zwei Personen (ein Mann mittleren Alters, dunkle
Haare, Lederjacke, Jeans, Name „Kroll“ sowie eine etwas jüngere
Frau, blonder Pferdeschwanz) an der Wohnungstür der betroffenen
Genossin und stellten sich als MitarbeiterInnen des Innenministeriums
vor und wiesen sich kurz aus. Da noch weitere Personen in der Wohnung
anwesend waren baten sie die Betroffene auf ein Gespräch vor die Tür
und stellten diverse Fragen mit politischem Bezug. Die Genossin
schaffte es das Gespräch zügig zu beenden.
Am Montag, den
12.8.2019. kam es erneut zu einer versuchten Kontaktaufnahme des
Verfassungsschutzes bei einer Person aus Kiel, die offenbar der
linken Szene zugeordnet wird. Der VS-Mitarbeiter – männlich, ca.
35-45 Jahre alt, kurze braune Haare, blaues Jacket – klingelte an
der Wohnungstür und zeigte einen Lichtbildausweis des
Verfassungsschutz vor. Die betroffene Person reagierte schnell und
vorbildlich in dem sie dem Herrn Berthold sofort mitteilte, dass sie
sich auf kein Gespräch einlässt und sofort die Tür wieder zu
machte.
Wir dokumentieren eine Veröffentlichung der Roten Hilfe OG Lübeck
Am Freitag, dem 7. Juni 2019, kam es in Schleswig-Holstein erneut zu einem Anwerbeversuch durch den Verfassungsschutz. Um ca. 12.30 Uhr klopften zwei Verfassungsschutzbeamte an die Wohnungstür eines jungen Genossen aus dem südlichen Teil des Kreises Ostholstein, welcher sich in antifaschistischen Zusammenhängen in Lübeck bewegt. Die beiden Beamten sprachen den Genossen mit seinem Klarnamen an und stellten sich als Mitarbeiter des Innenministeriums vor, die ein paar Fragen haben.
Unter anderem interessierten sie sich für Auseinandersetzungen, die sich in der Vergangenheit zwischen dem „linken“ und dem „rechten Lager“ ereignet haben sollen. So unterstellte einer der Beamten wörtlich: „Damit haben Sie doch Erfahrung. ‚Nazis aufs Maul‘, das ist Ihnen doch ein Begriff!“.
Als der Genosse diesbezüglich keine Aussage machte und das Gespräch zu beenden versuchte, ließen die Beamten nicht locker und forderten auch die Weitergabe von Informationen über Nazi-Strukturen in Schleswig-Holstein. „Länger raus zu sein heißt ja nicht, dass man keine Informationen mehr hat.“ Einer der Verfassungsschützer erwähnte, dass die linke Szene über „gute Infos“ bezüglich der extrem rechten Szene verfüge, welche teilweise besser seien als deren eigene.